Heimo Zobernig  HEIMO ZOBERNIG

29/04/2017 – 17/06/2017

Eröffnung: Freitag, 28. April, 18-21 Uhr
Opening: Friday, April 28, 6-9 pm

Nagel Draxler Kabinett
Rosa-Luxemburg-Straße 33
10178 Berlin

Öffnungszeiten / Hours:
Dienstag – Freitag: 11 – 19 Uhr / Tuesday – Friday: 11 am – 7 pm
Samstag: 11 – 18 Uhr / Saturday: 11 am – 6 pm

Press Release

Seit 1986 verwendet Heimo Zobernig für Katalog- und Plakatentwürfe die serifenlose Schrifttype Helvetica. Einst als Ikone des swiss style gefeiert, verlor Helvetica im Laufe der 80er Jahre zunehmend an Prestige. "Unter den Schrifttypen wurde sie zu so etwas wie die Pressspanplatte unter den Möbelhölzern. Ihre Form wirkt so neutral, dass der Betrachter vergisst, dass es sich um Schrift handelt" (1). Ab 1990 beginnt Zobernig seine Ausstellungen von A-Z fortlaufend mit Helvetica Buchstaben in einer Schrifthöhe von 115 cm zu bezeichnen. 1993 entwirft er für eine Gruppenausstellung ein Plakat in den Farben Orange, Braun, Grau, Schwarz und Weiß, indem erstmals das Wort REAL erscheint (2). Ein Jahr später entstehen in den gleichen Farben die ersten REAL Bilder.

Führt das nüchterne, künstlerisch erzeugte "Bild" eines einzelnen Buchstabens die Betrachter zu einer Art interpretatorischen Falltür, so eröffnet die semantische Bedeutung des gemalten Wortes REAL ein Spiegelkabinett von Bedeutungen: wirklich, königlich, echt. Das Bild benennt hier, wie Helmut Draxler schreibt, einen Sachverhalt buchstäblich, ohne ihn einzulösen (3). Stück für Stück erweitert Zobernig die Farbskala der REAL Bilder und fügt Jahre später schließlich das Wort EGAL hinzu, das nun in gleichem Ausmaß wie REAL die Leinwand füllt. Die Worte erscheinen ineinander geschrieben, ihre Bedeutung hebt sich auf. Ein neuer, interpretatorischer Nullpunkt von komplexer Konstruiertheit ist erreicht.  Die von Zobernig gestaltete, völlig weiße Einladungskarte für seine Ausstellung HEIMO ZOBERNIG im Kabinett der Galerie Nagel Draxler, in der ausschließlich REAL/EGAL Bilder (Ohne Titel) im Format 70 x 70 cm gezeigt werden, entspricht dieser Aufhebung. In Anbetracht der verschiedenen Strömungen der Gegenwartskunst (4) seit den 80er Jahren, wirkt das "anti-essenzialistische System" (5) Heimo Zobernigs wie künstlerisch konsequent praktizierte negative Dialektik. 

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(1) Matthias Dusini in "Heimo Zobernig. Ausstellung. Katerlog", Wien 2003.
(2) Für eine Gruppenausstellung, die 1993 in drei Institutionen stattfand (Salzburger Kunstverein, Grazer Kunstverein, Wiener Secession) und begleitet wurde von einem Text(theorie)buch schlüpfte Zobernig in die Rolle des Grafikers und gestaltete die Corporate Identity: den Katalog, Einladungen, Plakate und Folder. Die Buchstaben des Haupttitels REAL unterteilte Zobernig in Anspielung auf Robert Indianas Ikone LOVE in vier Bildfelder; die Untertitel der Ausstellungen waren SEX, REAL, TEXT und AIDS (in Anspielung auf die Aneignung Indianas durch General Idea). Zobernig Schriftzug REAL fungierte als ein Logo, das je nach Funktion seinen Träger wechseln konnte: Bildmotiv, Ausstellungstitel, programmatischer Slogan.
(3) Helmut Draxler in "Heimo Zobernig. Ausstellung. Katerlog", Wien 2003.
(4) und erst recht vor den jüngsten , wie z.B. der neuen Romantik ab 2000, dem anschließenden Hype der Abstraktion, bis zur durch Paraphilosophien wie den Speculative Realism/Materialism mit Sinn aufgeladenen Post-Internet Generation
(5) Helmut Draxler, a.a.O..