Ulrich Rückriem ZEICHNUNGEN
11/12/2010 – 26/02/2011
Eröffnung: Freitag, 10. Dezember 2010, 19-22 Uhr
Opening: Friday, December 10th, 2010, 7-10 pm
Press Release
Für Ulrich Rückriem ist die Zeichnung seit je her weit mehr als bloßes Mittel für Entwurf oder Dokumentation seiner Skulpturen: Sie bildet eine eigenständige Werkform. Einige der wichtigsten Themen, die den Künstler in seiner bildhauerischen Arbeit beschäftigen, finden seit langem auch Entsprechungen im zweidimensionalen Medium der autonomen Zeichnung. So hat Rückriem etwa die Gebundenen Figurationen aus der Auseinandersetzung mit einer Aufgabe aus der Mathematik entwickelt, die ihn zuvor bereits in der Skulptur beschäftigt hatte – dem aus dem Schachspiel abgeleiteten sogenannten Dame-Problem: Ein dem Schachbrett vergleichbares Rasterfeld dient dabei zur Platzierung von acht Einzelstelen. Jede Vertikale, Horizontale und Diagonale darf nur von einer Skulptur besetzt werden. Nach einem vergleichbaren Prinzip erprobt der Künstler in neueren Arbeiten auf Papier die Verbindung von Punkten durch Linien zu Flächen. Die Freien Figurationen folgen dem gleichen Herstellungsprinzip, lösen sich aber von der strengen Bezugnahme auf das Dame-Problem. Unter den Figurationen finden sich überraschend gegenständlich anmutende Konstellationen – so etwa dynamische, gestreckte Formen, die an Vögel im Flug denken lassen. Die Gebundenen Figurationen können in unterschiedlichsten Techniken und an verschiedensten Orten ausgeführt werden – hinter Glas oder auf Spiegeln ebenso wie auf Papier.
Die Gebundenen und Freien Figurationen werden in der Ausstellung ergänzt um Rückriems jüngste Arbeiten auf Papier. Sie sind eine Retrospektive der Ideen, ermöglichen sie doch die Zusammenschau der wichtigsten Themen aus Rückriems Gesamtwerk auf Papier: In unterschiedlichen Komplexitätsgraden verschränken der Kleine und Große Kosmos aus dem Dame-Problem entwickelte Konstellationen mit Variationen eines der grundlegendsten Themen im Oeuvre Rückriems – der systematischen Teilung von Volumina, bzw. Flächen.
Alle in der Ausstellung präsentierten Zeichnungen stehen in konsequenter Folge der bildhauerischen Arbeit des Künstlers. Noch stärker als bei seinen Skulpturen vermeidet Ulrich Rückriem hier jedoch einen spezifischen künstlerischen Duktus. Die wichtigsten Parameter bestimmt eine dem zeichnerischen Verfahren zugrundeliegende Systematik. Teilungsvarianten und Konstellationen lassen sich weitgehend daraus herleiten und müssen keineswegs eigenhändig durch den Künstler, sondern können ausdrücklich auch von anderen ausgeführt werden. Trotz aller Konzepttreue haben Rückriems Zeichnungen und ihre grafischen Variationen eine spielerische Freiheit, der sich von der Strenge seiner Skulpturen abhebt, in denen die Prinzipien von Tragen und Lasten spürbar werden.