Michael Beutler  Guest at JoyCom´s

23/11/2017 – 13/01/2018

Eröffnung: Mittwoch, 22. November, 2017, 18 – 21 Uhr
Opening: Wednesday, November 22, 2017, 6 – 9 pm

Galerie Nagel Draxler
Weydingerstr. 2/4
10178 Berlin

Öffnungszeiten / Hours:
Dienstag – Samstag: 11 – 18 Uhr / Tuesday – Saturday: 11 am – 6 pm

Press Release

Im Werk von Michael Beutler ist das Thema "Werkstatt" zentral. Beutler benutzt das Format jedoch nicht als gegebene Struktur, um etwa in der "Werkstatt" "Werke" anzufertigen, sondern er erschafft die Werkstatt jedes Mal neu. Die Werkstatt ist das Werk, Beutlers Kunst ist die Erfindung von Werkstätten. Man könnte auch sagen, Beutler erfindet Arbeit. Er erfindet Maschinen und Werkzeuge, aus denen Arbeitsabläufe resultieren. Die Installationen, die so entstehen, folgen einer erfundenen, konstruktiven Funktionalität.

2016 nahm Beutler an der Kenpou Art 2016 in Hitachiomiya, Japan teil. In der "shrinking City" wurden leere Geschäfte und Ladenpassagen mit Kunstprojekten bespielt. Zusammen mit einem japanischen Holztempelbauer und Einwohnern von Hitachiomiya entwickelte Beutler eine Druck- und Bauwerkstatt, die dem Aufbau einer pavillonartigen, schwimmenden Skulptur aus Holz, Bambus und Papier diente. Die tragenden Teile sind in Wannen verankert, die wiederum in einem Becken im Zentrum der Konstruktion stehen. Dieses Becken enthält genau soviel Wasser wie benötigt wird, um die Konstruktion am Schwimmen zu halten, wodurch sich der rundgebaute Körper fast ohne Krafteinsatz zum Drehen bringen lässt. Die Schwerkraft erscheint aufgehoben. Die Konstruktion hat wie alle Kunst keinen konkreten Zweck, aber sie hat einen ästhetischen Sinn. Die langsame Bewegung wirkt auf den Besucher, der das Werk von Außen und Innen sehen kann, meditativ.

In seiner Ausstellung "Guest at JoyCom´s" in der Galerie Nagel Draxler zeigt Michael Beutler nun den gesamten Bau von Hitachiomiya in seine Einzelteile zerlegt samt Druck- und Rollwerkstatt. Das aufgeschichtete Zedernholz ist beschriftet, jeder Balken hat seinen Platz. In dieser Form der Präsentation wird die Präzision der Holzverarbeitung und damit die "Schönheit des Handwerks" besonders deutlich. Der japanische Holztempelbau kommt ohne Schrauben und Nägel aus. Darin besteht seine "Kunst". In asiatischen Kulturen ist Kunst vom Angewandten abgeleitet und der Kunstbegriff, welcher "Kunst" als freischwebendes Attribut ansieht, ist dort sehr viel jünger als in Europa. Längst ist die Kategorie der "autonomen Kunst" wieder obsolet. Konzept-, Kontext-, Diskurs sind Spielarten der Kunst geworden, um ihren Begriff zu retten. Auch die Verrückung des Angewandten in den Kunstkontext wurde inzwischen oft ausgetestet durch Koch-Kunst, Strick-Kunst (wie kürzlich gerade wieder bei der Biennale in Venedig!) etc..

Michael Beutler bearbeitet als Künstler diese Grenze nicht, indem er sich des Angewandten als Format lediglich bedient, um es im Kunstkontext zu präsentieren, sondern indem er Formate des Angewandten und ihre gerade nicht an einem verwertbaren Zweck ausgerichteten Erzeugnisse neu erschafft.
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In Michael Beutler's work, the subject of "the workshop" is central. He doesn't use the format as an existing structure, for instance to make "works" there, but creates a new workshop every time. The workshop is the work Beutler's art comprises the invention of workshops. One could also say: the invention of labour. He creates machines and tools leading to workflows. The resulting installations follow an invented constructive functionality.

In 2016 Beutler participated in the Kenpou Art Exhibition in Hitachiomiya, Japan. In the "shrinking city" empty shops and malls were used to exhibit a variety of art projects. Beutler, in collaboration with a traditional temple carpenter and residents of Hitachiomiya, developed a print and wood workshop, resulting in a pavilion-like swimming structure out of wood, bamboo and paper. The supporting parts of the installation are fixed in tanks that are placed in a basin at the structure's centre. It contains the exact amount of water necessary to keep the structure floating. Like this, the round corpus can be brought to smooth rotation without effort. Gravity seems to be left behind. Like all art, the work doesn't follow an aim, but an aesthetical sense. It has a meditative effect on the viewer, who can watch the slow movement of the installation from the outside and from within.

In his exhibition "Guest at JoyCom´s" at Galerie Nagel Draxler Michael Beutler shows the complete construction of Hitachiomiya dismantled in single parts, including the print and rolling machines. The piled cedar wood is marked. Each beam has its place. In this form of presentation the precision of the woodwork and the "beauty of craftsmanship" become very significant. Japanese temple carpenters do not use screws or nails. This makes their "art". In Asian cultures art comes from applied arts. The concept, that sees art as an independent attribute, is much younger there than it is in Europe. "Autonomous art" has long since become obsolete. The concept-, context-, discourse evolved into varieties to safe art's ideal. Also the relocation of the applied within the context of art has been tested many times: cooking-art, knitting-art (like at the latest Venice Biennial for instance!) etc..

Michael Beutler works on and with this distinction as an artist, not through adapting the applied as a format presented in the context of art. But through creating his own formats of the applied, that paradoxically are not aligned to any exploitable purpose.