Kiron Khosla  Landscapes and Sea Songs

27/04/2002 – 01/06/2002

Eröffnung: Freitag, 26. April 2002, 19-22 Uhr
Opening: Friday, April 26th, 2002, 7-10 pm

Press Release

In Kiron Khoslas (geb. Calcutta, 1967) erster Ausstellung in der Galerie Nagel überrascht er den Betrachter mit einer Art von Malerei, die man hier nicht unbedingt erwartet. In seinen Bildern begegnen einem Motive aus der mittelalterlichen Malerei, Figuren der asiatischen Mythologie, Wappen, Embleme und kalligraphische Schriftzüge. Man trifft auf Botticellis Darstellung des Westwinds aus der „Geburt der Venus“, auf einen Soldaten aus einer Kreuzigung Mantegnas, keltische Knoten oder eine mittelalterliche Edelfrau bei der Jagd. Im Kontrast zu der weder grundierten noch gebleichten Leinwand werden die einzelnen Motive sorgfältig in vielen Farbschichten aufgetragen, was ihnen auf dem naturbelassenen Leinen eine Plastizität und Leuchtkraft gibt, wie man sie nur aus mittelalterlicher Tafelmalerei kennt. Allerdings sind die Figuren, nicht in einem räumlichen Zusammenhang gebunden, sondern lose auf der Leinwand verteilt. Einige Figuren stehen auf dem Kopf oder sind um 90 Grad gedreht. Wie die phantastischen Bildwelten exotischer Paravents sind sie aus unterschiedlichen Richtungen lesbar.

Sowohl die auftretenden Persönlichkeiten, die narrativen Bildzusammenhängen entnommen sind, als auch die kalligraphischen Schriftzüge legen dem Betrachter nahe, dass es eine Geschichte gibt, welche die unterschiedlichen Bildelemente miteinander verbindet, beispielsweise die reitende buddhistische Göttin, die in jeder Hand eine unglückbringende Waffe hält und das mittelalterliche Motiv eines aufgebahrten Königs mit seinen versammelten Rittern. Diese Bilder werden erst dadurch zur Landschaft, dass die Reiterinnen und Jägerinnen genauso durch sie hindurch wandern, wie der Blick des Betrachters.

Im Gegensatz dazu scheint Khoslas Folge von Seelandschaften auf den ersten Blick einem klassisch horizontalen Landschaftsaufbau zu folgen. In „Poseidon Adventures“ steht man einer riesigen Welle in Untersicht gegenüber- eine Perspektive, die aus der Photographie bekannt ist. Mit der Zeit , in der Schiffe wie der Dreimaster hinter der Welle gemalt wurden, hat diese Perspektive so wenig zu tun, wie dem aus einem Rubens Bild übernommenen Poseidon und seiner rosa leuchtenden Muschel im Vordergrund. Eine weitere breite Leinwand zeigt die stürmische See in japanischer Stilisierung, darin ein Boot, das in den fremden Gewässern in Seenot gerät. Die goldenen Wellen werden zum zweidimensionalen Ornament. Im Himmel erscheint riesenhaft Miles Davis. In den für Khosla typischen kalligraphischen Lettern, die wie in China untereinander geschrieben sind, liest man „Straight, no chaser“ – den Titel eines Liedes des Miles Davis Sextetts.

Khoslas Absage an die Perspektive ebnet dem Ornament den Weg. Während das Ornament traditionell das Beiwerk liefert, gerne auch den Rahmen für eine dadurch bestimmte Bildbühne, rückt es hier ins Zentrum der Darstellung. Somit wirkt jedes einzelne Motiv sehr präsent, wie eine Ikone. Vordergründig scheint Khosla um die Meditation einzelner Motive als um die Analyse der gestischen Möglichkeiten der Malerei zu gehen. Angesichts der Lähmung, welche die kunsthistorische Reflexion der Malerei zu Folge haben mag, stellt das versatzstückartige Arbeiten mit bekannten Bildern eine Lösung dar. Khosla spricht über seine Malerei gerne mit Worten wie Mut und Aufrichtigkeit. Seine Bilder verkünden in seinen Augen das Abenteuer der existierende Malerei als Natur des Geistes.

Kiron Khosla studierte von 1985-86 an der Foundation Harrow College of Higher Education. Von 1986- 1989 studierte er Malerei an der Central St. Martin´s School of Art and Design mit dem Studienabschluss B.A. Khosla lebt seit 10 Jahren in Köln.