Julia Horstmann  ERASE/REWIND

10/03/2012 – 21/04/2012

Eröffnung: Freitag, 09. März 2012, 19-22 Uhr
Opening: Friday, 09. March 2012, 7-10 pm

Press Release

Julia Horstmanns Interesse gilt der Architektur und den ihr zugrunde liegenden gesellschaftlichen und ästhetischen Ordnungsvorstellungen. In der Ausstellung Erase/Rewind beschäftigt sie sich mit der Rolle des Ornaments, einem umstrittenen architektonischen Gestaltungselement. Für Adolf Loos und die klassische Moderne war die Verwendung ornamentaler Muster ein Relikt der Vergangenheit. An ihre Stelle wurde eine universelle Funktionalität gesetzt, die der Idee des Fortschritts gehorchte. Für Walter Benjamin dagegen ist das Ornament der Ort der Wiederaneignung des Verdrängten, seine zirkulären Strukturen entziehen sich der Linearität der Geschichte und bewahren historische Wahrheiten.

Im Zentrum der Ausstellung steht eine Deckenzeichnung im Hauptraum der Galerie. Zwei mächtige, diagonal verlaufende Linien unterbrechen die repetitiven Elemente der Arbeit – ineinander verschachtelte Dreiecke, als wollten sie ihnen Halt geben. An einer der Stirnseiten des Ensembles brechen schuppenartige wuchernde Formen in das Ensemble ein.

Diese Formen tauchen auch in einer Architekturskizze auf, die ebenfalls im Hauptraum zu sehen ist. Sie überlagern dort die klaren und durch die Bleistifttechnik akzentuierten Linien eines Gebäudes, dass einen Teil des Gebäudekomplexes am Rosa-Luxemburg-Platz darstellt, in dem auch die Galerie Nagel untergebracht ist. Die Architekten Hans und Marlene Poelzig wandten sich Ende der zwanziger Jahre von amorpheren Formen – die ein blauer Scherenschnitt an der gegenüberliegenden Seite aufnimmt – ab und einem sachlich-nüchternen Ansatz zu, die diese Formen auf Liniengebung und farbliche Akzente reduzierte.

Im Eingangsbereich und im Büro der Galerie sind Paravents aus Lochblech aufgestellt, wie es in der Industrie verwendet wird. Das Lochmuster nimmt den Paravents ihre Funktionalität – sie verbergen nicht mehr und erinnern an einen durchsichtigen Stoff. Man kann die Arbeit als Anspielung auf die Geschichte des Ornaments verstehen: Die Umstellung auf maschinelle Produktion führte zu einer Geometrisierung und Standardisierung der Muster, die nun für die Massenfertigung geeignet sein mussten.

In einem Nebenraum ist ein von der Fassade des Aztec Hotels von Robert Stacy-Judd  inspirierter Scherenschnitt zu sehen. Das Gebäude, an der Route 66 gelegen, vereint Elemente der Architektur der Maya mit der modernen amerikanischen Architektur. Horstmann zeigt Ausschnitte des komplexen Musters und unterlegt sie mit unterschiedlichen Farben. Die Geschlossenheit des Ornaments wird aufgebrochen und in einen neuen Kontext gestellt, ohne dass seine eigentümliche Magie verloren geht.