Jan Kiefer, Pedro Wirz  Jan Kiefer, Pedro Wirz, 2018

26/05/2018 – 31/08/2018

Eröffnung: 25. Mai 2018, 18-21 Uhr
Opening: May 25 2018, 6-9 pm

Reisebürogalerie
Diko Reisen
Komödienstraße 48
50667 Köln

Öffnungszeiten / Hours:
Montag–Freitag 9–18:30 Uhr / Monday–Friday 9am – 6:30pm
Samstag 10–14 Uhr / Saturday 10am – 2pm

Press Release

There's no such thing as culture / So etwas wie Kultur gibt es nicht

Mythen sind Erzählungen, die sich im komplexen Prozess der Anpassung von Menschen an ihre Umwelt als kulturell sinnstiftend erwiesen haben. Der Glaube an Mythen verleiht ihnen Wirksamkeit, nicht Wahrheit. Mythos und Kultur sind, wie die kritische Kulturwissenschaft seit der ersten Hälfte des 20. Jhdt. immer wieder dargelegt hat, nicht ursprünglich, sondern konstruiert. Kulturkritik ist deshalb möglich.

Die künstlerischen Herangehensweisen von Jan Kiefer und Pedro Wirz, könnten unterschiedlicher nicht wirken, denn sie erschaffen imaginäre Kulturen, mit völlig unterschiedlichen visuellen Codes und Konnotationen.

Wirz‘ Skulpturen scheinen von einer Kultur erdiger Ursprungs- und Fruchtbarkeitsmythen und einer primitivistischen Nähe von Urmensch zu Urtier zu zeugen. Tierische Architekturen, Termiten oder Nestbauten, Kokons und Eier verschmelzen direkt mit menschlichen kulturellen Praktiken (Hausbau), oder dienen diesen als Modell. In einer als prähistorisch imaginierten Laborpraxis schafft Wirz Bilder von Wesen in Kreisläufen vorkapitalistischer Ökonomien. In einer Kunstpraxis, die Erinnerungen an Art Brut und Primitivismus hervorruft, schafft er Momente von konstruierter Eigentlichkeit. Es entsteht die Aura einer Ursprünglichkeit, die zu keiner Zeit eine faktische war und die sich zu kultivierten Welten verhält wie im Artaud’schen Sinn ihr Double.

Dagegen adressiert Jan Kiefer in seinen skulpturalen Arrangements und in seinen Bilderserien den Mythos der Errungenschaften einer gegenwärtig gutsituierten Mittelschicht, die sich aber, bedingt durch die fortschreitende Umverteilung von Ressourcen auf das 1 %, bereits der Bedrohung durch gesellschaftlichen Abstieg gegenübersieht. Die Flaschen in den stylisch designten Weinregalen bilden von Vorne gesehen ein Buchstabenmuster: JA, JA…
Joseph Beuys Stimme geistert tonlos durch den sterilen Raum materieller Wunscherfüllung, Ja, Ja, Ja, Ja, Ja, Ja, Ne, Ne, Ne, Ne, Ne….. Die Ne, Ne, Nes fehlen in Kiefers Bild, sie sind durch Punkte ersetzt. In der durch Tautologismen geprägten Kultur der Konsumierenden, bleibt der Gegenpol leer. Bei Kiefer hört man das Nein als Echo, indem die Gegenwelt noch nachklingt.

Während man die künstlerische Praxis von Pedro Wirz als transgressiven Materialismus bezeichnen könnte, handelt es sich bei Jan Kiefer um transgressiven Konzeptualismus. Beiden Künstlern geht es darum, eine doppelbödige Aura von Kultur zu erzeugen, die die Gültigkeit vorherrschender kultureller Zwänge in Frage stellt.

___________________________________

There's no such thing as culture

Myths are narratives that, in the complex human process of adopting to specific environments, have proved culturally pregnant.  By believe they become efficient not true. As it has been repeatedly demonstrated by critical cultural sciences since the first half of the 20th century, myth and culture are not primal but constructed. Critique of culture is therefore possible.

The artistic approaches of Jan Kiefer and Pedro Wirz could not appear to be more different. Both create imaginary cultures with completely different visual codes and connotations.

Wirz sculptures seem to bespeak a culture of earthy myths of origin and fertility and a primitivistic closeness of prehistoric man and animal. Animal architectures, termite or nest-building, cocoons and eggs merge with human cultural practices (house-building), or serve as their models. In a laboratory that takes its materials from prehistorical imaginaries, Wirz creates hybrid beings, inhabitants of pre-capitalist economies. In his artistic practice, that evokes memories of Art Brut and primitivism, he creates moments of constructed authenticity. An aura of origin emerges, that at no time was fact, and that relates to the cultivated world like, in Artaud’s sense, its double.

Other than that, Jan Kiefer in his sculptural arrangements and serial paintings addresses the myth of the achievements of a currently well to do middle class, that, caused by the ongoing redistribution of resources to the 1 %, already faces social decline.
Viewed from the front the bottles in the stylish designed wine shelves form a pattern of letters: JA, JA… The voice of Joseph Beuys soundlessly meanders through the sterile space of material wish fulfilment, ja, ja, ja, ja, ja, ne, ne, ne, ne, ne…. The ne, ne, nes are missing in Kiefer’s image. They are replaced by dots. In a consumer culture informed by tautologisms, the opposite poles remain void. In Kiefer’s work one hears the No (ne) as an echo, in which the counter world still resonates.

While one could describe the artistic practice of Pedro Wirz as transgressive materialism, with Jan Kiefer one deals with transgressive conceptualism. Both artists create an ambiguous aura of culture, that questions the validity of predominant cultural forces.