Elke Haarer, Claudia Kugler, Rhein Render   Grafikdesign

11/04/2019 – 29/06/2019

Eröffnung: Mittwoch, 10. April 2019, 18-21 Uhr
Opening: Wednesday. 10 April 2019, 6–9 pm

Reisebürogalerie
Diko Reisen
Komödienstraße 48
50667 Köln

Öffnungszeiten / Hours:
Montag–Freitag 9–18:30 Uhr / Monday–Friday 9am – 6:30pm
Samstag 10–14 Uhr / Saturday 10am – 2pm

Press Release

Wenn der unique selling point der Kunst seit der Moderne der ist, dass eben Kunst und nichts anderes verkauft wird (wobei es für das Argument egal ist, ob sie nun faktisch über den Ladentisch geht oder nicht) ist Kunst mit ihrem Darstellungsmodus deckungsgleich geworden. Kunst entspricht, in anderen Worten, ihrem Design. Wenn die Kunst also der unique selling point von Kunst ist, dann ist es auch egal, was diese Kunst darüber hinaus noch sein könnte: etwa, wie sie tatsächlich aussieht, von wem sie gemacht ist und vor allem, was man anhand ihrer aber an ihrem Kunstsein sozusagen vorbei noch so alles an Zuschreibungen vornehmen könnte.

Dass Kunst unter diesen Voraussetzungen Design ist, hat für den Umgang mit ihr Konsequenzen, die man ‚systemisch’ nennen müsste. Der Umgang mit ihr umfasst die Produktion von Kunst, ihre Zirkulation und, von letzterer nicht unbeeinflusst: David Joselit nennt das image power, ihre Rezeption und Bewertung. Wer nun mit der apriorischen Gewissheit, dass er Kunst kauft, beispielsweise solche von Jeff Koons kauft, bestätigt, dass Kunst gleich ihrem Design und alles andere – inklusive der Tatsache, dass das irgendwie von Jeff Koons zertifiziert ist – egal ist.

Nebenbei gibt das Hinweise darauf, warum Kunst, die mimetisch mit Designtaktiken verschmilzt und ihr Heil zeitgemäß in der digital beschleunigten Zirkulation findet, eine besondere Anziehungs- und Durchsetzungskraft, image power, entwickelt. Gerade interessantere historische künstlerische Projekte der jüngeren Vergangenheit: Warhol, Conceptual Art, die neokonzeptuellen Arbeitsweisen der 1990er Jahre etc. sind in diesem Sinne Stützen des Systems – und damit ziemlich egal geworden.
Nicht nur dem kommerziellen Betrieb der Kunst sieht man an, dass er durch diese Sachlage ganz schön auf den Hund gekommen ist. Was Kunst ist, wie sie aussieht und von wem sie ist, ist in diesem Betrieb egal und lässt sich etwa durch kurzes Scrollen auf einer digitalen Informationsplattform wie Contemporary Art Daily mit jeder Menge aktuellem Vergleichsmaterial jederzeit leicht nachprüfen. Wer ambitioniert genug ist, den Nageltest am konkreten Ding zu machen, mag mit gleichem Ergebnis und weniger aber umso handfesteren Vergleichsmöglichkeiten eine beliebige Kunstmesse besuchen oder die Neuankäufe im Museum Ihrer Wahl, im letzten Fall mit vergleichsweise überschaubaren Vergleichsmöglichkeiten. Glücklicherweise braucht man Kunst zu den herrschenden Bedingungen, wie man redensartlich ausgerechnet in Amerika sagt, nicht zu kaufen. Der Kunstmarkt hat das übrigens schon gemerkt und reagiert auf naheliegende Weise falsch.

Während zeitgenössische Kunstdiskurse mit ihrem Hang zum Kunstontologischen eher zur Vertiefung der Problemlage beitragen, muss es heute darum gehen, das Verhältnis von Kunst und Design in der künstlerischen und theoretischen Praxis sorgfältig zu sortieren, in dem Bewusstsein, dass Kunst und Design – ähnlich wie Praxis und Theorie – jeweils für sich und selbst in der wechselseitigen Bezugnahme nicht schlecht sein müssen.
Gerade Grafikdesign ist ein optimaler Konvergenzpunkt, erstens als Handwerk und spezifisch auf Visualität, Kommunikation, Rentabilität und Praktikabilität gerichtete Kompetenz, und zweitens als seit jeher heteronomes, unbequem zwischen die Stühle von Ästhetik und Funktion, common sense und cutting edge, Auftrag und Erfüllung, Dienstleistung und deren verantwortungsvoller Unter- oder Überbietung geklemmtes Operationsfeld, auf dem sich heute zwangsläufig, siehe oben, viele Künstlerinnen und Künstler tummeln. Irgendwoher muss das, aus dieser Perspektive eindeutig zu teure, Geld ja herkommen, damit diese Künstlerinnen und Künstler auch mal an Kunst denken können, invers etwa zu Jeff Koons.

Die Ausstellung Grafikdesign, an der sich Elke Haarer und Rhein Render auf Einladung von Claudia Kugler zusammen beteiligen, findet bei Diko Reisen in Köln statt, einem Reisebüro, das zugleich den Schauplatz für die so genannte Reisebürogalerie, ein Projektraum der Galerie Nagel Draxler bietet. Jeder Teilnehmende der Ausstellung verhält sich auf seine/ihre Weise als Künstler_in zu der eingangs geschilderten Problematik und steuert entsprechend Arbeiten bei, die in diesem Kontext zur Ausstellung kommen. Mit der oben geschilderten Problematik kann, wer mit dem Anspruch antritt Kunst zum Ziel künstlerischer Arbeit zu machen und nicht als deren Ausgangspunkt zu haben, kaum zufrieden sein, unique selling point hin oder her. Wenn eh keiner kauft bzw. immer nur die Falschen das für sie immer nur Richtige, kann man die entsprechende Kunst sein lassen.
Ausgerechnet das gute alte Grafikdesign stellt sich dann als Hebel heraus, um einer zu ihrem Zeichen gewordenen Kunst zur angemessenen Sichtbarkeit zu verhelfen und, daran vorbei, die Perspektive darauf einzustellen, was Kunst jenseits davon in ihrem Darstellungsmodus aufzugehen eigentlich auch noch sein und wollen könnte. Und wer sich partout nicht für Fragen der Gestaltung interessiert, bucht sich alternativ vielleicht eine schöne Reise.

Text: Hans-Jürgen Hafner