Andreas Diefenbach agitprop - ex + hop
11/09/2004 – 23/10/2004
Press Release
Andreas Diefenbach
"agit pop - ex und hop"
"agit pop - ex + hop" heißt Andreas Diefenbachs (geb.1973) erste Ausstellung in der Galerie Christian Nagel, Köln, in der dem Besucher lebensgroße Pappfigurinen begegnen, die "newmodelarmy" - ein an Krieg der Sterne Figuren erinnerndes Pappaufsteller-Heer bestehend aus Collagen kopfloser, langgliedriger Fotomodels. Wobei man nicht damit rechnen sollte, dass der Titel, der die gleichnamige Punkband zitiert, als positive Referenz verwendet wird.
Neben diesen Figuren präsentiert Diefenbach, der neben seinem Studium an der Städel Schule in Frankfurt das Technolabel "reis" betreibt, klassische Malerei. Er bedient sich dabei großzügig und ziemlich respektlos eines Formen- und Sprachrepertoires, das einerseits von Malern wie Polke, Richter, Kippenberger, Krebber, Majerus und Carpenter und andererseits aus der Pop- und Jugendkultur stammt. In den Bildern werden A- und B-Kultur wertungslos nebeneinander gestellt. An seinen Malervorbildern, mit deren Methoden und Arbeitsweisen er sich in seinen Arbeiten auseinandersetzt, scheinen ihn insbesondere die Hinterfragung der Bildrealität und der parallele Bezug zur Popkultur zu interessieren. Auffallend sind wiederkehrende Motive wie Totenköpfe, Donald Duck oder Alfred E. Neumann und Diefenbachs Bezug zum Comic, dessen Möglichkeiten der Abstraktion er für die Malerei nutzt. So trifft man auf einer Leinwand (ohne titel (donald #1), 2004, 70 x 140 cm, Lack, Acryl und Edding auf Dekostoff) einen in Linien aufgelösten, geisterhaften Donald Duck der zwischen warholesken Blumengerippen herumirrt.
In "wie geil ist das denn?!" (2004, 59 x 59 cm, Dispersion und Acryl auf Dekostoff) hat Diefenbach einen Stoff mit einem nahezu psychedelischen Muster aus Comicfiguren wie Bugs Bunny, Duffy Duck und Speedy Gonzales auf den Rahmen gespannt. Diefenbach hat die Motive per Kartoffeldruck um das Wort "geil" ergänzt. Wenn das Muster nicht an so banale Dinge wie Kinderbettbezüge erinnerte, würde man es wohl ornamental nennen. In dem Stoff, einer Massenware, zeigt sich, wie der Loop eines Motivs nicht nur in der Musik genutzt wird, um sich von geschlossenen Sätzen oder von Raum- und Realitätsbezug zu lösen
Auch in einer weiteren Arbeit (ohne titel (sprechblase #1), 2004,135 x 145 cm, Dispersion auf ungrundierter Leinwand und 2 Dekostoffe zusammengenäht) jongliert Diefenbach mit ausgeleierten cross-over Motiven. Zwei zusammengenähte Stoffstreifen wurden auf einer Leinwand montiert. Sie zeigen einerseits eine Historienbildszene, die sich - wie im Strudel verzerrt - als Motiv unendlich wiederholt und andererseits eine Art Graffitiwand. Unter den ungewöhnlich kombinierten Stoffstreifen findet man auf der ungrundierten Leinwand eine weiße horizontale Begrenzungslinie mit einem kleinen Zacken, der eine Sprechblase andeutet. Die Möglichkeit der Kombination von Bild und Text und das Abstraktionspotential von Malerei und Comic werden hier genutzt, um sich über Diskurse der Postmoderne, Beschleunigung und Kombinierbarkeit der Bilder und Bedeutsamkeit von Popkultur hinwegzusetzen. Stattdessen bleiben in Diefenbachs Bildern das Image, der Witz im Titel, der schnelle Spruch und die Frage der künstlerischen Selbstinszenierung. Eine ähnliche Motivation zeigt sich in Diefenbachs "Mille Plateaux"-Skulpturen, die aus Stiefeletten und Turnschuhen mit Betonplateausohlen bestehen. Auf Sockel erhoben ironisieren sie den gängigen Subkulturbezug und die philosophische Überfrachtung von Kunst.