Gang Zhao  After Thought

17/03/2007 – 07/04/2007

Eröffnung: Freitag, 16. März 2007, 19 Uhr
Opening: Friday, 16. March 2007, 7 pm

Press Release

Gang Zhao ist ein Mensch, der von sich behauptet, dass sein Verständnis von und sein Umgang mit Kunst ziemlich deutsch, seine Technik europäisch und nur seine Inhalte chinesisch seien. Diese zunächst etwas kokett klingende Selbstbeschreibung entbehrt tatsächlich nicht der Grundlage, denn Gang Zhao gehörte in den 1970er Jahren zu den Gründern der ersten avantgardistischen Künstlergruppe Chinas, der Sing-Sing-Group. Die Künstler dieser Gruppe wollten Veränderungen und sie bekamen sie: Zhao musste 1983 nach Holland emigrieren, von wo aus er nach dem Studium in Maastricht weiter in die USA zog. Inzwischen pendelt er zwischen Beijing und New York mit gelegentlichen Abstechern nach Deutschland.

Er kennt sich also wirklich aus in den Kulturen. Nur dass er nicht glaubt, dass sie von einander lernen wollen. „Kultureller Dialog ist wie Krieg, wie Sport, der Ball wird hin und hergespielt, du versuchst, ein Tor zu schießen, abhängig vom Spielfeld, und wie groß dieses Spielfeld ist.“ Dieser Nihilismus spiegelt sich auch in vielen seiner schön gemalten Leinwände wider. Historisch überlebte, nunmehr bedeutungslos gewordene Motive und moralisch zweifelhafte politische Figuren erleben in ihnen eine eigenwillige Apotheose. So steht sein Lenin in einer vom Tagesgeschehen unberührten politischen Realität. Überhaupt scheint es sich eher um das Porträt einer Leninskulptur und nicht um eines der Person selbst zu handeln. Durch den Umweg über diese im kollektiven Bewusstsein fest verankerte Kolossalskulptur gelingt Zhao das Bravourstück, ohne Requisiten und zusätzliches Personal, Lenin als Schauspieler in einem selbst verfassten Skript zu stilisieren, das als Teil der Handlung die Zerstörung von Millionen Menschenleben enthielt.

Zhaos politischer Pessimismus spiegelt sich auch in den anderen Bildern dieser ersten Kölner Einzelausstellung des Künstlers. Imperiale Gesten und revolutionäre Ideale beherrschen die Szenerie. Auch ohne detaillierte Kenntnis postrevolutionärer chinesischer Ikonographie ist leicht zu erkennen, dass nicht die Realität, sondern Filme, Agit-Prop-Comics und populäre Illustrationen als Vorlage gedient haben. Da natürlich die historische Erfahrung inzwischen gelehrt hat, dass die Ereignisse im Drehbuch der Geschichte letztlich den Ruhm der Revolutionen, den sie eigentlich demonstrieren sollen, untergraben und ihre Darstellungen die entleerte Rhetorik entlarven, mit der der sozialistische Realismus Transzendenz als politische Realität zu verkaufen suchte, scheint es unmöglich, in Zhaos Bildern etwas anderes als Nihilismus zu entdecken. Dieses Scheitern jeglichen Idealismus, im Leben wie in der Kunst, beschäftigt Zhao seit Jahren. Dennoch scheint hinter den Sujets mit ihrer vordergründigen Aussichtslosigkeit stets ein ästhetisches System auf, das fast romantisch an klassischen Vorgaben festhält und so die Möglichkeit offen hält, dass es eines Tages vielleicht doch wieder um die Schönheit eines Sonnenuntergangs in den Feldern gehen kann.

S.P.