Stephan Dillemuth Die Wagnerianer zu Köln
06/06/1998 – 04/07/1998
Eröffnung: Donnerstag, 4. Juni, 20-22 Uhr
Opening: Thursday,June 4th, 1998, 8-10 pm
Press Release
Stephan Dillemuths Ausstellung und Film knüpfen inhaltlich wie methodisch an seine Ausstellung bei Christian Nagel 1994 an. Während damals die kulturellen Phänomene zwischen den Revolutionen von 1789 und 1848 dazu dienten, um das Künstlerselbstverständnis heute danach zu befragen, ob "das Romantische politisch, oder das Politische romantisch" sei, so dienen nun ein 'Genie' (Richard Wagner) und dessen 'Rezeption' (im Kulturbürgertum des ausgehenden Jahrhunderts) als Vorwände, um das antagonistische Verhältnis einer rein ästhetischen und einer nur politisch motivierten Kunst auf die Bühne zu stellen.
Die Besucher betreten die Galerie durch einen Verschlag, der mit Postern aktueller Musicals plakatiert ist. Die Höhe den Durchganges zum Ausstellungsraum entspricht mit 166,5 cm der Körpergrößer Wagners und zwingt den Besucher mithin, sich dem 'Niveau des Meisters' zu beugen. In der Galerie stehen die Betrachter scheinbar selbst auf der (Bayreuther) Bühne.
Ein großformatiges, nahezu wandfüllendes Gemälde repräsentiert den Zuschauerraum. In Format und perspektivischem Aufbau spielt es mit Anselm Kiefers Bild "Deutschlands Geisteshelden" (1973) und dem "Sängersaal" im Schloss Neuschwanstein, beides hochfrequentierte Ikonen einer kulturalisierten Gesellschaft.
Die von der Decke der Galerie herabhängende Baumwurzel deutet an, dass wir uns womöglich im Bühnenbild Hundigshütte (Die Walküre, VI) befinden, in dessen Mitte die Weltesche der Edda aufragt; ein Motiv aus jener Textsammlung, der Wagner seine mythologischen Stoffe entnahm. An diesem Ort schuf sich Wotan durch einen bewussten Bruch der von ihm selbst geschaffenen Gesetze ein außerhalb seiner Kontrolle stehendes Vehikel (namens Siegfried), das schließlich die alte Welt der Verträge und Regeln in den Abgrund reißen sollte. Dieses Bild nehmen die Betrachter jedoch wie von unten wahr, aus einer Perspektive, die eher den Musikern, Bühnenarbeitern oder " Insidern eines Underground" vorbehalten ist, die sich selbst als "Wurzeln" einer genealogischen Stamm- und Mythenbildung begreifen können.
Auf einem Couchtisch aus einer Baumscheibe steht- Theater auf dem Theater- ein Videomonitor, vor dem ein Aquarium platziert ist. Wie in einem Auditorium befinden sich darin Richard und Cosima Wagner als Knetfiguren, die durch ein Video auf ihren eigenen historischen Hintergrund zurückblicken. "Außerhalb" des Galerieraumes, auf dem Balkon vor der Fensterseite, zieht ein Protestmarsch vorbei, bei dem verschiedene Parolen der gegenwärtigen Kunstdiskussion auf Bannern und Schildern getragen werden.
Alle Elemente der Ausstellung fungieren als Vorwände einer scheinbaren Illustration, um innerhalb einer vorgeblichen, teilweise auch politischen Erzählung alte und neue ästhetische Praktiken zu testen. Im Gegensatz zu Wagners These eines 'Kunstwerkes der Zukunft', in dem die verschiedenen Künste, wie Musik und Drama, zum Gesamtkunstwerk vereint werden, aber auch im Gegensatz zu einer fächlerischen "Skillness" setzt Dillemuth in der Ausstellung und der separaten Filmvorführung "Gesetzt nämlich, dies wäre wahr, wäre es dann auch schon wünschenswert?", auch ein Buch-und CD-Produktion ein, um sich seinem eigentlichen Thema zu nähern: Der De/Konstruktion von Künstlerbildern, d.h von Rollen in einer Zeit, die - so lautet seine These - in grundlegendem Maße eine kulturbürgerliche und nationalistische war und ist.
- Barbara Hess -
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The second exhibition of Stephan Dillemuth in our gallery was Grand Opera, even though the room was not the size of a chamber orchestra hall. Already the entrance was decorated with a cardboard sheet (166,5 as big as Richard Wagner), which let expect the gracefulness. Posters of musicals like Cats or the Phantom of the Opera welcomed the visitor. Various pedestals in the gallery space carried the elements of the theatrical like a nest on a slightly glazed rough wooden base studded with branches, a possible symbol of the origin of life. Furthermore a circus-like backdrop of a lush stage with lively things in the basement. One of the main pieces was a massive wooden table from a rural environment, on which Richard and Cosima Wagner made of plasticine watch a film by Alice Creischer and Andreas Siekmann on television. In the room hangs an oversized painting showing the corridor of a castle, painted in the manner of Anselm Kiefer 's German intellectual heros. Remarkably, real potatoes were applied over the entire painting. Sigmar Polke 's Potato House comes to mind. The whole scenario is surmounted by a large wooden root which is lustrously attached to the ceiling, a reference to the stage design Hundigshütte from Wagner's Walküre, VI. With satirical seriousness and intelligent humour Dillemuth shakes the system. If the Wagnerians were still concerned with the disavowal of the artistic princes, the criticism of the corporate system is soon to be the subject.