Gang Zhao Gang Zhao
13/01/2010 – 06/03/2010
Eröffnung: Dienstag, 12. Januar 2010, 19-22 Uhr
Opening: Tuesday, January 12th, 2010, 7-10 pm
Press Release
Als ein „gutes Leben" gilt in China ein Leben, in dem man seinen Reichtum vermehrt und seinen Lebensstandart verbessert. Allen, wie auch immer begründeten kommunistischen, nationalistischen, konfuzianischen oder volkswirtschaftlichen Doktrinen unterliegt eine kapitalistische Binnenrationalität, die weit über liberalistische Denkweisen hinausgeht. „Die sozialistische Modernisierung ist eine tief greifende Umwälzung“, sagte Deng Xiaoping Ende der Siebzigerjahre in einer richtungweisenden Rede, „die den Austausch sämtlicher Führungs-, Handlungs- und Denkmuster erfordert, die Wachstum behindern." Seine Aufforderung „Bereichert euch!" entfesselte ein ökonomisches Fight-Club-Szenario oder, wie François Jullien es einmal nannte, „eine von der Partei flankierte kapitalistische Bulimie".
Seither ist in dem ehemaligen Arbeiter- und Bauernstaat eine städtische Mittelschicht herangewachsen, die sich in rasantem Tempo die Grundkenntnisse bürgerlichen Lebens von Ikea über Bio-Food und Fitnesscenter bis zum Outdoor-Adventure-Urlaub und Stadtgeländewagen angeignet hat. Dies ging - so Zhaos Überlegung - zu schnell, um als popular culture identitätsstiftend zu wirken..
Die reichen Stadtbürger investieren ausgiebig in Immobilien. Weniger, um damit noch mehr Profit zu erwirtschaften als vielmehr um, im wahrsten Sinne des Wortes, Bodenhaftung zu gewinnen. Ein Haus, eine Wohnung, manifestiert ein Stück reale materielle Existenz. Die architektonische Gestaltung und die Einrichtung dieser Privatburgen, gleichen einem Stilmix all dessen, was vom Klassizismus bis zur Postmoderne, als "repräsentativ" angesehen wird. Eine historisch ähnliche Situation erkennt Zhao Gang im Shanghai der 30er Jahre, in denen die Stadt zur weltweit größten multikulturellen Freihandelszone geworden war. Dort gab es ein ähnlich strukturiertes "neues Bürgertum", das sich Häuser und Wohnungen zulegte und sie mit schwerem Mobiliar eklektischer Stilrichtungen versah.
Für seine Ausstellung in der Galerie Christian Nagel hat Gang Zhao ein solches Mobiliar anfertigen lassen, das als künstlerischer Entwurf Ausdruck dieses Verlangens nach Beständigkeit ist. Es hat nichts Leichtes, Temporäres, sondern ist eine "Manifestation".
Gang Zhao ist in China geboren und war als junger Mann Mitglied der staatsfeindlichen „Star Star" Künstlergruppe. Er musste in die Niederlande ausreisen und ist schließlich in die USA ausgewandert. Dort arbeitete er als Künstler sowie als Investmentbanker. Seit 2006 lebt er als Maler in Peking. Er ist chinesischer sowie amerikanischer Staatsbürger.
In seinen Bildern, die einen Teil der Installation bilden, reflektiert Zhao Gang politische und gesellschaftliche Themen und Motive aus der chinesischen Geschichte und Gegenwart, als auch kanonisierte westliche Malereipositionen. Beide stellt er damit in eine transkulturelle Perspektive, bzw. in einen hybriden „third space", in dem sich die Grundschwingungen von Politik und Stil verdichten können.